Nachfolgend stellen wir die kleine Serie der Bolzplatzheldinnen vor, die in der Wochenpost erschienen sind. Die Genehmigung erteilte uns Marcus Italiani.
Hier der Link zum 1. Artikel sowie der übernommene Bericht.
Bolzplatzheldinnen – Der Traum vom Profifußball (Teil1)
Leverkusen. (IT). Der Frauen- und Mädchenfußball ist auf dem Vormarsch. In kaum einer anderen Sportart sind vor allem im Jugendbereich in den letzten Jahren so viele Mannschaften entstanden. Parallel zu unserer WoPo-Mini-EM am 1. Juli möchten wir in unserer neuen Serie »Bolzplatzheldinnen« ein wenig in die Welt des Mädchenfußballs eintauchen, um herauszufinden, welche Faszination dahintersteckt und welche Träume die jungen Spielerinnen haben
Soccer Centor Leverkusen an einem Freitagabend: Rund 15 Mädchen zwischen neun und zwölf Jahren haben sich etwas vorgenommen, das nur wenige Altersgenossinnen sich zutrauen: Sie wollen sich einen Platz in der U13-Mannschaft von Bayer 04 Leverkusen erspielen. Der Bundesligist veranstaltet in dieser Altersgruppe ein bis zweimal pro Jahr ein Probetraining, bei dem sich kleine Ballkünstlerinnen ausprobieren können. Auf den Zuschauerrängen: die nervösen Eltern, die ihren Töchtern wahlweise die Daumen drücken oder sich insgeheim wünschen, dass ihre Kinder vielleicht doch noch ein Jahr warten, bevor sie sich in den Leistungssport stürzen.
Doch die Protagonistinnen mit den Stollenschuhen wirken allesamt entschlossen und konzentriert, als Leverkusens U13-Trainer Lars Heinrichs sie begrüßt und ihnen kurz den Ablauf erklärt. Der Unterschied zu einer normalen Trainingseinheit dieser Altersgruppe in einem x-beliebigen Amateurverein wird sofort klar: Die Kinder sind mucksmäuschenstill und lauschen den Ausführungen des Trainers, der einige Spielerinnen des aktuellen Teams mitgebracht hat. Letztere bauen die nun folgenden Übungen auf und demonstrieren kurz, was zu tun ist. Die erste Dreiviertelstunde ist mit Koordinationseinheiten belegt. Komplexe Schrittfolgen, schnelle Richtungsänderungen und Bewegungsabläufe lassen schon jetzt erahnen, wer sich am Ende schwerer tun wird als andere. Danach steht der Technikteil auf dem Programm. Dribbeln, »Ball streicheln« oder beidfüßig passen ist angesagt.
Spielintelligenz ist entscheidend
Nun wird klar, warum sich ausgerechnet die hier anwesenden Mädels für das Probetraining entschieden haben. Für ihr Alter sind sie erstaunlich ballsicher – auch bei hohem Tempo. Und das ist auch gut so. Denn die anschließenden Spiele im Modus fünf gegen fünf erfordern genau diese Schnelligkeit und Ballsicherheit. Schließlich wird im Soccer Centor mit Bande gespielt: Jeder kleine Fehler, jede Nachlässigkeit rächt sich umgehend.
Die Spiele deuten an, was in dieser Altersklasse schon möglich ist. Anschließend muss Trainer Heinrichs beurteilen, wer das Zeug für die Mannschaft hat. »Es ist schwieriger, bei den Mädchen zu sichten als bei den Jungs. Einmal natürlich, weil es einfach weniger Spielerinnen gibt. Aber auch, weil der athletische Aspekt ein anderer ist als bei männlichen Jugendspielern. Frauenfußball ist vom taktischen Bereich und den Anforderungen her mit dem Männerfußball vergleichbar. Aber natürlich ist der Sport langsamer. Hier gilt: Fußball besteht aus mehr als Zweikampfverhalten – es hängt viel von Spielintelligenz ab. Das zu erkennen und zu fördern, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Jugendarbeit«, sagt er.
Und die ist in einem Profi-Club wie Bayer 04 Leverkusen klar auf Erfolg ausgerichtet. Wo Eltern in manchen kleinen Clubs sich hauptsächlich mit der Organisation des Mannschaftsgrillabends beschäftigen mögen, kann in einem Lizenzverein schon mal seelischer Beistand notwendig sein. Denn wie in allen Sportarten kann es vorkommen, dass Spielerinnen nicht den Sprung bis ganz nach oben schaffen und das Team nach einiger Zeit leider wieder verlassen müssen.
Ohne Spaß funktioniert kein Leistungssport
»Leistungssport bringt Vor- und Nachteile. Das ist ganz klar. Über allem steht jedoch bei uns immer: Die Mädels sollen mit Spaß zu uns kommen. Nur dann können sie auch erfolgreich sein. Wer sich mit Bauchschmerzen zum Training quält, kann ja gar nicht die erforderliche Leistung bringen. Zwang ist einfach kein guter Motivator. Man muss den Sport wirklich lieben und aus eigenem Antrieb alles geben wollen. Wir pflegen einen guten Kontakt zu den Eltern, führen regelmäßig Gespräche, weil wir natürlich wissen möchten, wenn beispielsweise private oder schulische Probleme bestehen, die sich die Spielerin so zu Herzen nimmt, dass sie ihre Leistungen beeinträchtigen«, so Heinrichs.
Mädels, die frisch ins Team kämen, würden von ihren neuen Kameradinnen freundschaftlich empfangen, stellt der Trainer klar. »Mobbing ist tabu«, sagt Lars Heinrichs und unterstreicht: »Dass jemand aus Angst oder Neid ausgegrenzt wird, kommt in diesem Team nicht vor. Das ist uns ganz besonders wichtig. Die soziale Gemeinschaft und der Ausblick auf die Profimannschaft sind essentiell, um langfristig erfolgreich zu sein.«
Nach dem Training traben die Kinder erschöpft vom Platz. »Das war cool«, sagt eine Spielerin zu ihrer Mutter. Eine andere vertraut ihren Eltern an: »Ich glaube, ich war nicht so gut. Ich hätte mehr laufen müssen.« Allen gemeinsam ist die Hoffnung, demnächst einen positiven Bescheid aus dem Hause Bayer 04 Leverkusen zu bekommen. Für einige geht dann ein Traum in Erfüllung, andere versuchen ihr Glück bei einem anderen Proficlub oder im kommenden Jahr wieder hier. Einige wenige werden sich aber den Traum vom Profifußball in einigen Jahren vielleicht tatsächlich erfüllen.